Transporte gehören in der Landwirtschaft zum Tagesgeschäft. Viele Spargel- und Erdbeeranbaubetriebe haben aber auch einen gewerblichen Bereich, in dem Beförderungen durchgeführt werden.
Welche Gesetze sind bei welcher Beförderungsart zu beachten, und welche Ausnahmen gibt es für die Landwirtschaft? Diesen Fragen widmete sich das VSSE Onlineseminar „Landwirtschaftliche und gewerbliche Transporte sowie Personenbeförderung von Mitarbeitern“.
Mehr als 70 Teilnehmer ließen sich im Webinar von Martin Vaupel von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen über Neuregelungen zum Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) und zur Maut ebenso wie über die Personenbeförderung von Erntehelfern und über landwirtschaftliche Führerscheine informieren.
Wir waren dabei und fassen das Wichtigste zusammen.
Fahrzeuge in der Landwirtschaft
Zunächst warf Martin Vaupel einen Blick auf die verschiedenen, in der Landwirtschaft genutzten Fahrzeuge. Denn für die Nutzung bestimmter Ausnahmen ist die Typisierung und vor allem die Schlüsselnummer im Fahrzeugschein sowie die zugelassene Höchstgeschwindigkeit von großer Bedeutung.
Fahrzeuge im Überblick
Lof Zugmaschinen
Schl.Nr 891000 Ackerschlepper
Schl.Nr 892000 Geräteträger
Agrar LKW
bei Zulassung als lof Zugmaschine (Kugelkopf oder Sattelplatte)
Zugmaschine
Schl.Nr 870000
Sattelzugmaschine
Schl.Nr. 880000
Lof Sattelzugmaschine
Schl.Nr 900000
LKW
Schl. Nr. 066100
Sonder Kfz LKW
Schl.Nr 189000
Gesetzliche Regelungen
Bei Land- und forstwirtschaftlichen sowie gewerblichen Transporten sind unterschiedliche gesetzliche Regelungen zu beachten:
- Güterkraftverkehrsgesetz
- Bundesfernstraßenmautgesetz
- Fahrpersonalverordnung
- Kraftfahrzeug-Steuergesetz
- Fahrerlaubnisverordnung
- Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz
Güterkraftverkehrsgesetz
Im Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) wird jede geschäftsmäßige oder entgeltliche Beförderung von Gütern mit Kfz >3,5t zG incl. Anhänger als gewerblicher Güterverkehr angesehen.
Eine Befreiung davon kann es für die in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben übliche Beförderung von land- und forstwirtschaftlichen Bedarfsgütern oder Erzeugnissen geben für:
1. Eigene Zwecke
der Landwirt fährt ausschließlich seine eigenen lof Erzeugnisse und Bedarfsgüter
alle Fahrzeuge sind einsetzbar
Fahrer: Landwirt selbst oder Mitarbeiter
Achtung: keine Frachtkosten aufführen!
2. Nachbarschaftshilfe
Gegenseitige Hilfeleistung
es darf kein Geld fließen
3. Maschinenring/Wirtschaftliche Zusammenschlüsse
Auftraggeber und Auftragnehmer sind Landwirte und Mitglieder im Maschinenring
Nur mit Zugmaschinen und Anhänger oder Sonderfahrzeugen (kein Einsatz von Sattelzugmaschinen oder lof Sattelzugmaschinen)
Fahrer ist selbst Mitglied oder Mitarbeiter eines Mitglieds
Befreiung gilt nur im Umkreis von 75km Luftlinie
4. lof Fahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von bis zu 40km/h
Kontrollen beziehen sich ausschließlich auf lof Fahrzeuge und lof Bedarfsgüter oder Erzeugnisse
Vergütung spielt keine Rolle
gilt nicht nur im Auftrag eines lof Betriebes, sondern auch für Lohnunternehmer, Maschinenring, Landmaschinenhändler etc.
Achtung: nicht zur üblichen Beförderungen zählen Erdtransporte und Winterdienste
Martin Vaupel, Berater Landtechnik, Straßenverkehrsrecht, Schlepper- und Transporttechnik, rät dazu, beim Einsatz von Kfz-steuerpflichtigen Fahrzeugen immer Begleitpapiere/Lieferscheine mitzuführen bzw. den Mitarbeitern mitzugeben, um die Berechtigung zur Nutzung der Ausnahmeregeln jederzeit bei Kontrollen nachweisen zu können.
Denn verantwortlich für die Einhaltung des GüKG ist immer der Auftraggeber!
Maut
Seit dem 1. Januar 2019 gilt die Maut auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen.
Die Maut wird für alle Kfz oder Fahrzeugkombinationen ab 7,5t fällig, die für die Güterbeförderung bestimmt sind oder für den Güterkraftverkehr eingesetzt werden.
Die Mautkosten sind abhängig von der Gewichtsklasse und der Emissionsklasse und können bis zu 26,1 Cent/Kilometer betragen.
Die Bezahlung der Maut kann über ein OBU-Gerät, eine manuelle Einbuchung über die Toll-Collect-App, eine online Einbuchung unter www.toll-collect.de oder an Mautstellenterminals erfolgen.
Es gibt aber weiterhin keine Maut für Lof Fahrzeuge im Güterkraftverkehr sowie damit verbundene Leerfahrten bei der in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben üblichen Beförderung von land- und forstwirtschaftlichen Bedarfsgütern oder Erzeugnissen für eigene Zwecke, Nachbarschaftshilfe, im Rahmen eines Maschinenrings oder mit lof-Fahrzeugen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von bis zu 40km/h.
Zugmaschinen sind, da sie selbst keine Güter befördern können, ebenfalls von der Maut befreit.
Keine Maut wird bei Schlepper solo, Leerfahrten von lof Zugmaschinen auch mit Anhängern sowie Schlepper mit Anbau- oder Anhängergeräten (keine Güterbeförderung) erhoben.
Fahrtenschreiber
Fahrtenschreiber sind vorgeschrieben für Fahrzeuge zur Güterbeförderung > 3,5t zHM incl. Anhänger und für Fahrzeuge mit einer bbH > 40km/h.
Sie müssen die Geschwindigkeiten sowie die Lenk- und Ruhezeiten erfassen.
Für eine Einbaupflicht digitaler Fahrtenschreiber ist die Häufigkeit der Güterbeförderung nicht von Bedeutung.
Ausnahmen:
- Fahrzeuge mit einer bbH bis zu 40 km/h (bei Fahrzeugkombinationen ist die Zulassung der Zugmaschine entscheidend)
- Selbstfahrende Arbeitsmaschinen
- Fahrzeuge, die von Land- oder Forstwirtschafts-Unternehmen zur Güterbeförderung im Rahmen der eigenen unternehmerischen Tätigkeit im Umkreis von bis zu 100km vom standort- des Unternehmens verwendet oder von diesen ohne Fahrer angemietet werden (kein Lohnunternehmer)
- Lof Zugmaschinen > 40km/h, die für lof Tätigkeiten in einem Umkreis von bis zu 100 km vom Standort des Unternehmens verwendet werden, das das Fahrzeug besitzt, anmietet oder least
- Gülle ist als tierisches Nebenprodukt zu betrachten, das im Umkreis von 250 km vom Standort des Unternehmens transportiert werden kann (egal mit welchem Fahrzeug). Dies gilt nicht für Gärreste!
- Fahrzeuge zur Straßenunterhaltung, z.B. Winterdienst
- Handwerkerregelung: Transport von Material, Ausrüstung, Maschinen etc., die zur Ausübung des Berufs benötigt werden. Achtung: Fahrtätigkeit darf nicht Haupttätigkeit des Fahrers darstellen!
- Verkaufswagen mit jeweils für diesen Zweck bestimmter, besonderer Ausstattung. Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen > 2,8t bis 3,5t zG räumlich unbegrenzt, bis 7,5t bis zu einem Umkreis von 100km vom Standort des Unternehmens. Achtung: Fahrtätigkeit darf nicht Haupttätigkeit des Fahrers darstellen!
Bei Ausnahmen kann der Fahrtenschreiber auf OUT gestellt werden. Kommt keine Ausnahme zum Zuge, ist zu Fahrtantritt das Gerät einzuschalten und die Vorgabe einzuhalten.
Eine lückenlose Dokumentation, sagt Vaupel, ist wichtig. Während der Fahrt sind die Fahrerkarten bzw. die Schaublätter der vorausgehenden 28 Tage mitzuführen. Für fehlende Zeiten ist der maschinenschriftlich ausgefüllte Vordruck der BAG mitzuführen.
KFZ-Steuer
Von der Steuer befreit ist das Halten von Zugmaschinen (ausgenommen Sattelzugmaschinen), Sonderfahrzeugen, Anhängern hinter Zugmaschinen oder Sonderfahrzeugen und einachsige KFZ-Anhänger (ausgenommen Sattelanhänger) solange diese Fahrzeuge ausschließlich
- zur Durchführung von Lohnarbeiten für lof Betriebe
- zu Beförderungen für lof Betriebe, wenn diese Beförderungen in einem lof Betrieb beginnen oder enden,
- von Land- und Forstwirten zur Pflege von öffentlichen Grünflächen
- oder zur Straßenreinigung im Auftrag von Gemeinden oder Gemeindeverbänden
eingesetzt werden.
Entscheidend dabei ist, wer die Rechnung zahlt. Ist es der landwirtschaftliche Betrieb, dann sind die Kfz steuerbefreit (grüne Kennzeichen). Ist es der Gewerbliche Betrieb wie z.B. der Handel, eine Biogasanlage oder ein Bauunternehmen sind die Kfz steuerpflichtig (schwarze Kennzeichen).
Personenbeförderung
Die Personenbeförderung von Mitarbeitern ist kein gewerblicher Güterverkehr und auch kein Werkverkehr.
Eine Befreiung von der Aufzeichnungspflicht mit einem Fahrtenschreiber gibt es für die Personenbeförderung
- bis 40km/h
- für Kfz mit zehn bis 17 Sitzen, die ausschließlich zur nicht gewerblichen Personenbeförderung verwendet werden (Privatfahrten)
Lenk- und Ruhezeiten sind aber erforderlich für Fahrer, die Kfz lenken, die der Personenbeförderung dienen und für die Beförderung von mehr als 9 Personen (inkl. Fahrer) konstruiert oder dauerhaft angepasst und zu diesem Zweck bestimmt sind.
Die Personenbeförderung von Mitarbeitern im lof Betrieb dient einem lof Zweck, weswegen keine Kfz-Steuer für Zugmaschinen und Anhänger fällig wird.
Achtung: Kleinbusse oder Omnibusse sind aber KFZ-steuerpflichtig.
Martin Vaupel rät, immer auf einen ausreichenden Versicherungsschutz zu achten und bei Personenbeförderung dies zuvor mit der Versicherung abzuklären.
Das Personenbeförderungsgesetz gilt nur bei entgeltlicher oder geschäftsmäßiger Beförderung. Ein Personenbeförderungsschein ist zudem bei D-Klassen nicht erforderlich.
Beim Personentransport mit lof Fahrzeugen muss generell geachtet werden auf
- geeignete Sitzgelegenheiten
- ausreichend hohe, geschlossene Bordwände
- angepasste Fahrgeschwindigkeit
Führerscheinklassen
In der Landwirtschaft übliche Führerscheinklassen sind L und T, die für land- und forstwirtschaftliche Zwecke verwendet werden.
Unter diese land- und forstwirtschaftlichen Zwecke im Rahmen der Fahrerlaubnis der Klassen T und L fallen:
- Betrieb von Land- und Forstwirtschaft
- Park-, Garten-, Böschungs- und Friedhofspflege
- landwirtschaftliche Nebenerwerbstätigkeit und Nachbarschaftshilfe von Landwirten
- Betrieb von land- und forstwirtschaftlichen Lohnunternehmen
- Betrieb von Unternehmen, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung und Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen
- Betrieb von Werkstätten zur Reparatur, Wartung und Prüfung von Fahrzeugen sowie Probefahrten der Hersteller von Fahrzeugen, die jeweils im Rahmen der nummern 1 bis 5 eingesetzt werden
- Winterdienst
Klasse L (ab 16 Jahren)
- lof Zugmaschinen bis 40km/h bbH
- Klasse B (Auto) Inhaber können legal 40er Schlepper fahren (B schließt L ein). Somit können auch Aushilfen, Praktikanten und SAK mit gültigem Führerschein Klasse L fahren
- mit Anhängern bis 25km/h Betriebsgeschwindigkeit erlaubt
- Zuggesamtmasse bis zu 40t erlaubt.
- Selbstfahrende Futtermischwagen unabhängig von der Zulassung bis 25km/h
- selbstfahrende Arbeitsmaschinen bis 25 km/h bbH
Klasse T (ab 16 Jahren)
- lof Zugmaschinen bis 40km/h bbH
- Klasse T beinhaltet Klasse AM (alt: M und S) Roller, Quad etc. max. 45km/h, Hubraum bis 50cm³
- mit Anhängern bis 40km/h Betriebsgeschwindigkeit
- Zuggesamtmasse bis zu 40t
Klasse T (ab 18 Jahren)
- lof Zugmaschinen bis 60km/h
- selbstfahrende Arbeitsmaschinen bis 40km/h bbH
Klasse C/CE
- Zugmaschinen über 60km/h bbH
- LKW
- C: Kfz über 3,5t mit Anhänger bis 750kg zG
- CE: Lastzüge und Sattelzüge (bis 40t)
Für die Personenbeförderung von Mitarbeitern benötigt man folgende Fahrerlaubnis
- Klasse L und T mit lof Zugmaschinen und Anhängern
- Kfz bis 3,5t zG (mit max. 9 Sitzen inkl. Fahrer) Klasse B, mit Anhänger bis 5,5t zG Klasse BE
- Omnibus Klassen D1/D1E/D/DE je nach Größe, mit oder ohne Anhänger
Berufskraftfahrerqualifizierung (BkrfQG)
Die Berufskraftfahrerqualifizierung ist nötig für Fahrten im
- Güterkraftverkehr für Dritte
- Werkverkehr (Güterkraftverkehr für eigene Zwecke)
- mit Fahrzeugen, für die Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C und CE benötigt werden.
Ausnahmen:
- nicht für Kfz bis 3,5t zHM
- nicht wenn Führerschein B oder BE
- nicht für Kfz bis 45km/h bbH
- nicht wenn Führerschein L und T (lof Zwecke erfüllt)
- nicht für Kfz zur Beförderung von Materialien, Ausrüstung oder Maschinen, die der Fahrer zur Berufsausübung verwendet, sofern das Führen des Kfz nicht die Hauptbeschäftigung des Fahrers darstellt (Handwerkerregelung)
- nicht für Kfz zur nicht gewerblichen Beförderung von Gütern oder Personen
- nicht für Kfz, die von Landwirtschafts-, Gartenbau-, Forstwirtschafts- oder Fischereiunternehmen zur Güterbeförderung im Rahmen ihrer eigenen unternehmerischen Tätigkeit in einem Umkreis von bis zu 100km vom Standort ihres Unternehmens verwendet oder von diesem ohne Fahrer angemietet werden
Kraftfahrer, die im gewerblichen Güterverkehr tätig sind und Fahrzeuge der Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C und CE lenken benötigen als
Grundqualifikation
- Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb
- oder Fahrerlaubnis und 7,5 Stunden theoretische und praktische Prüfung
- oder Lehrgang beschleunigte Grundqualifikation, 140 Stunden 1,5 Stunden theoretische und praktische Prüfung)
Fahrer, die vor dem 10.9.2009 ihre Fahrerlaubnis erworben haben, haben automatisch ihre Grundqualifikation!
Weiterbildung
- 35 Stunden (5 Module zu 7Std)
- alle 5 Jahre
- bei anerkannter Ausbildungsstätte (DEULA, Fahrschule etc.)
- keine Prüfung
- Schlüssel Nr. 95 wird in Fahrerlaubnis mit Datum eingetragen
Neu seit dem 2.12.2020:
Einführung eines Fahrerqualifikationsnachweises (neue Karte) ab Mai 2021, ersetzt die 95 im Führerschein.
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