Mit dem Pflanzenspray behandelte Weizenkeimlinge werden im Versuch von Blattläusen gemieden. Foto: Wolfgang Mischko / TUM
Traditionelle chemische Pflanzenschutzmittel vernichten nicht nur Schädlinge, sondern gefährden auch Bienen und andere nützliche Insekten.
Sie beeinträchtigen die biologische Vielfalt in Böden, Seen, Flüssen und Meeren.
Ein Team der Technischen Universität München (TUM) hat nun einen ungiftigen, biologisch abbaubaren Wirkstoff als Alternative zu chemischen Pflanzenschutzmitteln entwickelt.
Wie funktioniert es?
Das biologisch abbaubare Pflanzenschutzmittel ist als eine Art Insektenspray für die Landwirtschaft konzipiert.
Es hält für eine Dauer von ca. sieben Tagen Schädlinge fern, ohne sie zu vergiften.
Es ist biologisch abbaubar und ökologisch unbedenklich.
Auf Pflanzen gesprüht wirkt es ähnlich wie Mückenspray, das Menschen auftragen: Es verbreitet einen Geruch, der unerwünschte Insekten fernhält.
„Mit unserem Ansatz ermöglichen wir einen fundamentalen Wechsel im Pflanzenschutz. Statt Gift zu versprühen, das immer auch nützliche Arten gefährdet, vergrämen wir gezielt nur die Schädlinge,“ sagt Professor Thomas Brück, Inhaber des Werner Siemens-Lehrstuhls für Synthetische Biotechnologie der TU München.
In den Versuchen zeigte sich, dass das Spray nur bei nahem Kontakt Insekten vergrämt und Bienen weiterhin die besprühten Pflanzen anfliegen und sie bestäuben.
„Ich bin eigentlich der Meinung, man sollte nicht in den biologischen Kreislauf eingreifen, sondern ihn sich selbst regeln lassen. Früher ging es auch ohne Pestizide, da möchte ich wieder hin. Mit dem Pflanzenspray kann für eine gewisse Zeit, in der die Pflanze schwach ist oder die klimatischen Bedingungen schwierig sind, unterstützend eingegriffen werden“, erklärt Brück.
Wie wurde es entwickelt?
Vorbild der Münchner Forscher war die Tabakpflanze. Diese erzeugt in ihren Blättern Cembratrienol, kurz CBT-ol.
Bioreaktor des TUM-Forschungszentrums für Weiße Biotechnologie, in dem das CBT-ol hergestellt wurde. Foto: Andreas Battenberg / TUM
Mit diesem Molekül schützt sich die Pflanze vor Schädlingen.
Mit Werkzeugen der Synthetischen Biotechnologie isolierte das Team um Professor Brück diejenigen Abschnitte aus dem Genom der Tabakpflanze, die für die Bildung der CBT-ol-Moleküle verantwortlich sind.
Anschließend bauten sie diese in das Erbgut von Coli-Bakterien ein.
Gefüttert mit Weizenkleie, einem Nebenprodukt aus Getreidemühlen, produzieren die genetisch veränderten Bakterien nun den gewünschten Wirkstoff.
Mit zentrifugaler Trennungschromatographie werden die Wirkstoffe am Ende des Prozesses von der Nährlösung getrennt.
Das Verfahren ist höchst effizient und funktioniert auch im industriellen Maßstab, wurde aber zuvor noch nie für die Auftrennung von Produkten aus Fermentationsprozessen eingesetzt.
Wie wirksam ist es?
Haben Blattläuse die Wahl zwischen Weizenkeimlingen mit (rechts) und ohne CBT-ol-Behandlung (links), so meiden sie die behandelten Keimlinge. Foto: Wolfgang Mischko / TUM
Erste Untersuchungen belegen, dass das CBT-Spray für Insekten ungiftig ist und trotzdem wirksam vor Blattläusen schützt.
Da es biologisch abbaubar ist, reichert es sich auch nicht an.
Getestet wurde hauptsächlich auf Zuckerrüben und Weizen, aber auch an Äpfeln und Jojoba-Pflanzen.
„Hauptsächlich haben wir es bei Blattläusen eingesetzt, aber ich bin mir sicher anhand der Daten, dass es auch bei anderen Schädlingen wirkt“, berichtet Professor Brück.
Wann könnte es auf den Markt kommen?
Eine regulatorische Zulassung für Pflanzenschutzmittel dauert im Schnitt 3 bis 5 Jahre.
Noch ist das Mittel nicht in der Prüfungsphase, da für die Zertifizierung zwischen 100.000 und 10 Millionen Euro erforderlich sind.
„Wir suchen derzeit nach einem starken kommerziellen Anwender, der sich finanziell dafür einsetzt und es weiterentwickelt. Das können wir als Universität nicht leisten“, erklärt Brück.
Kritische Stimmen
Gentechnik in der Landwirtschaft ist ein umstrittenes Thema.
Zwar würden nicht die Pflanzen selbst genetisch verändert, doch die Schädlingsvergrämung mittels gentechnisch veränderter Bakterien erfolgen.
Deshalb haben manche Landwirte bezüglich einer Verwendung für den ökologischen Anbau Bedenken.
Da das Pflanzenspray aber komplett biologisch abbaubar ist, würde es bei Markteinführung nicht als Gentechnik klassifiziert werden.
„Es ist ein natürlicher Stoff, den wir zwar chemisch extrahiert haben, der aber unverändert bleibt. Diese Technik wird schon lange zum Beispiel bei der Herstellung von Insulin für Diabetiker genutzt“, erläutert der Forscher.
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