In der Überlagerung optischer Zeitrafferbilder zeigt sich die ungewöhnliche Partikeltrennung einer selbstheilenden, freistehenden Flüssigkeitsmembran. Bild: Birgitt Boschitsch Stogin und Tak-Sing Wong, Penn State
Herkömmliche Siebe und Filter halten Großes auf und lassen Kleines durch.
So bleibt zum Beispiel Kaffeepulver im Filter oder Siebträger einer Espressomaschine zurück, während das Wasser hindurchdringt.
Wissenschaftler der Pennsylvania State University haben dieses Prinzip umgedreht.
Eine selbstheilende Membran, die als Umkehrfilter fungiert, kleine Partikel blockiert und große Partikel durchlässt, ist die neuste Arbeit eines Teams von Maschineningenieuren der amerikanischen Hochschule.
Der Umkehrfilter öffnet die Tür für viele neuartige Anwendungen – möglicherweise auch im Obstanbau als Maßnahme gegen die Kirschessigfliege.
Mit der beschäftigen sich derzeit auch das Julius-Kühn-Instituts (JKI) und die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) in Form eines Aufklärungsfilms für Bürger.
Wie funktioniert der Filter?
Die Forscher entwickelten ein stabilisiertes flüssiges Material, das kleinere Objekte aussortiert und größere Objekte passieren lässt.
Das Team experimentierte mit Flüssigkeiten wegen ihrer einzigartigen Eigenschaften.
Die Membran umschließt in sie eindringende Objekte. Bild: Birgitt Boschitsch Stogin und Tak-Sing Wong, Penn State
“Wenn Sie Ihren Finger in ein Glas Wasser legen und ihn herausnehmen, heilt sich anschließend die Wasseroberfläche selbst”, erklärte Tak-Sing Wong, Wormley Family Early Career Professor und Assistant Professor für mechanische und biomedizinische Technik.
Diese neu entwickelte Membran funktioniert genauso, aber im Gegensatz zu herkömmlichen Filtern werden Objekte nicht nach Größe getrennt. Stattdessen reagiert die Membran auf die kinetische oder Bewegungsenergie eines Objekts.
“Normalerweise ist ein kleineres Objekt aufgrund seiner geringeren Masse mit einer geringeren kinetischen Energie verbunden”, sagt Wong. “So wird das größere Objekt mit einer höheren kinetischen Energie die Membran passieren, während das kleinere Objekt mit einer niedrigeren kinetischen Energie erhalten bleibt.”
Darüber hinaus wickelt sich die Membran um das Objekt, während es sie durchläuft, so dass sich die Membran wieder vollständig über der Oberseite des Objekts heilt, das sie durchläuft.
In ihrer einfachsten Form kann die Membran mit Wasser und einer Substanz hergestellt werden, die die Grenzfläche zwischen Flüssigkeit und Luft stabilisiert und eine ähnliche Struktur aufweist wie eine biologische Zellmembran.
Um den ersten Prototyp zu erstellen, verwendete das Team einen einfachen Seifenfilm.
Die Komponenten können modifiziert und optimiert werden, um einzigartigen Zwecken zu dienen, wie beispielsweise einer verbesserten mechanischen Robustheit, antibakteriellen Eigenschaften oder Geruchsneutralisierung.
Die Membran könnte nicht nur als Partikelbarriere dienen, sondern die selbstheilenden Eigenschaften würden auch medizinische Geräte wie chirurgische Instrumente durchlassen, während Verunreinigungen draußen bleiben.
Wenn Ärzte eine offene Operation ohne einen sauberen Operationssaal durchführen müssen, eine potenzielle Situation in abgelegenen Gebieten oder auf militärischen Schlachtfeldern, könnte dieses Material als Operationsfilm dienen, um die saubere Umgebung zu reproduzieren, die für einen sicheren Betrieb erforderlich ist.
Mit Blick auf die Zukunft plant das Team, die Membran mit erweiterten Funktionen weiterzuentwickeln und mit anderen Forschern zusammenzuarbeiten, um diese Membran für praktische Anwendungen zu testen und anzupassen. “Der Himmel ist wirklich die Grenze”, sagte Wong.
Anwendung im Obstbau?
Künftig könnte die Membran auch Obstbauern helfen, lästige Fruchtfliegen auszusperren und bestäubende Bienen reinzulassen.
Die Fähigkeit der beweglichen Membranen aus Flüssigkeiten, Partikel unter einer kritischen Größe aufzuhalten, kann nämlich auch auf lebende Organismen übertragen werden.
Insekten (eine Fruchtfliege, eine Stubenfliege und eine Mücke) können bei typischen Fluggeschwindigkeiten in einer Flüssigkeitsmembran zurückgehalten werden. Bild: Birgitt Boschitsch Stogin und Tak-Sing Wong, Penn State
Die verschiedenen Oberflächenspannungen machen es möglich, verschiedene Größen von mikro- / nanoskopischen Partikeln und Verunreinigungen (z. B. Pollen), aber auch sich langsam bewegende Insekten (z. B. Mücken und Fliegen) auszusperren.
In Tests wurden eine Reihe relevanter toter Insekten (Fruchtfliege, Stubenfliege und Mücke) bei ihrer typischen Fortbewegungsgeschwindigkeit auf die Membran fallen gelassen.
Um die Wirksamkeit der Flüssigmembranen bei der Rückhaltung lebender fliegender Insekten weiter zu demonstrieren, erprobten die Forscher zusätzlich die Interaktion lebender Fruchtfliegen (Wildtyp Drosophila melanogaster Canton Special) mit einer Flüssigkeitsmembran.
Diese Demonstration zeigte, dass flüssige Membranen den Durchtritt von fliegenden Fruchtfliegen wirksam verhindern können.
Da Bienen eine andere Bewegungsenergie haben, könnten sie theoretisch passieren, während die Fliegen aufgehalten werden.
Bis zu einer Markteinführung kann es allerdings noch mehrere Jahre dauern.
Dieses Projekt, das vom Boschitsch-Graduiertenstipendium der National Science Foundation sowie dem NSF CAREER Award von Wong und der Wormley Family Early Career-Professur finanziert wird, ist die neueste Innovation des Wong Laboratory for Nature Inspired Engineering.
Das multidisziplinäre Labor untersucht die Welt um uns herum, um biologisch inspirierte technische Lösungen zu schaffen.
Funktion der Flüssigmembran im Video
Video Birgitt Boschitsch Stogin und Tak-Sing Wong, Penn State
Informationsfilm
Auch in Deutschland ist die Kirschessigfliege weiter ein Thema.
Feinmaschige Netze über Obst- oder Gemüseplantagen sind bisher effektive Maßnahme zum Schutz vor Schädlingen wie der Kirschessigfliege.
Sie werden aber oft als störend empfunden.
Um kritischen Bürgern den Nutzen dieser Netze über Obstplantagen zu vermitteln, wurde beim Demonstrationsvorhabens “Einnetzen von Obstkulturen zum Schutz gegen die Kirschessigfliege” ein kurzer Informationsfilm produziert.
Unter Federführung des Julius-Kühn-Instituts (JKI) und der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) entstand ein dreiminütiger Animationsfilm, der verständlich und kompakt darstellt, warum die Kirschessigfliege so großen Schaden anrichtet und wie Schutznetze dies verhindern.
Die Idee dazu entstand im Kontakt zwischen Projektbetreuern und Betrieben, die im Demonstrationsvorhaben zusammenarbeiten und den Einsatz der Netze testen.
Mehrere Betriebsleiter berichteten von ihren Erfahrungen mit Anwohnern oder Spaziergängern, die scharfe Kritik am geschützten Anbau und speziell am Erscheinungsbild eingenetzter Obstanlagen übten.
Die Obstbauern empfanden es in den Diskussionen mit den Bürgerinnen und Bürgern als nicht immer einfach, sie vom Nutzen der Foliendächer, Tunnel und Schutznetze zu überzeugen.
Insbesondere dann, wenn eine sehr kritische Haltung durch das Fehlen verständlicher, sachlicher Informationen vorherrschte.
Als erste unterstützende Maßnahme wurden Informationstafeln erstellt, die den Zweck und die Wirkung der Einnetzung erklären. Die teilnehmenden Betriebe platzierten diese Informationstafeln an den eingenetzten Obstanlagen. Erste Rückmeldungen zu dieser Maßnahme sind sehr positiv.
Um bundesweit noch mehr Menschen zu erreichen, wurde das Konzept für einen Informationsfilm entwickelt. Der Film ist auf dem YouTube-Kanal des BZL zu sehen und wird auf Anfrage allen interessierten Obstbaubetrieben kostenlos zum Download zur Verfügung gestellt.
Er kann zum Beispiel in Hofläden abgespielt oder auf Internetseiten verlinkt werden.
Ebenso können Erzeugergemeinschaften, Beratungsringe, Touristeninformationsportale, Gemeinden oder Landkreise den Film nutzen.
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