Fast 100 Interessenten kamen zum inzwischen 27. Freckenhorster Beerenobst-Seminar.                                                                Bild: Kerstin Panhorst

 

 

 

Bodenentseuchung, digitale Ackerschlagdateien, Anbauverfahren und häufige Irrtümer beim Verpackungsgesetz waren ebenso wie Mitarbeiterführung Themen beim Freckenhorster Beerenobstseminar.

Fast 100 Interessenten kamen zum inzwischen 27. Seminar in die Landvolkshochschule (LVHS) Freckenhorst.

Wir waren dabei und stellen einige der Vorträge näher vor:

 

 

Anbauverfahren und ihre Kosten

 

Für wen lohnt sich der geschützte Anbau? Ludger Linnemannstöns von der LWK NRW rechnete die nötigen Investitionen am Beispiel aus.                Bild: Kerstin Panhorst

Der Trend geht immer mehr zum geschützten Anbau. Doch für wen rentiert sich ein Umstieg des Anbauverfahrens?

Darauf mochte auch Ludger Linnemannstöns keine allgemeingültige Antwort geben. „Sie müssen ihre Kultur runter rechnen“, empfahl der Experte der Landwirtschaftskammer NRW.

Steigende Löhne und die Intensivierung von Kulturverfahren haben in den letzten Jahren zu steigenden Produktionskosten geführt. Die erzielbaren Preise sind auf Handelsebene aber nicht im gleichen Umfang gestiegen.

Zuerst müsse man sich deshalb fragen, ob man für den am Markt erzielbaren Preis überhaupt produzieren könne. Dann müsse jeder Betrieb für jeden Schlag seine Kosten und Erlöse kennen, hierzu sind entsprechende Aufzeichnungen über Menge, Pflückleistung, Löhne etc. notwendig.

Anhand einiger Beispiele zeigte Linnemannstöns, wie eine Berechnung aussehen kann und welche Investitionen bei welchen Verfahren möglicherweise nötig sind.

 

Eingerechnet werden müssen dabei die ertragsabhängigen Direktkosten wie Pflück- und Pflücknebenkosten, Kühlung, Transport, Verpackungs- und Vermarktungskosten ebenso wie ertragsunabhängige Direktkosten. Dazu gehören Pacht, Pflanzmaterial, Pflanzenschutz und Düngung, Stroh, Wasser, Saisonlöhne und Maschinenkosten.

Dazu kommen noch die ertragsunabhängigen Intensivierungskosten für Dammkultur, Vlies, Folie, Tunnel oder Gewächshaus.

Generell gilt: Die Direktkosten für die Produktion von Erdbeeren liegen je nach Kulturverfahren zwischen 2,20 Euro/kg und 3,80 Euro/kg.

Die allgemeinen Betriebskosten verursachen zusätzliche Kosten von 0,20 bis 0,30 Euro/kg, zur Gewinnerzielung sind noch einmal 0,30 Euro/kg notwendig, so dass insgesamt 2,70 €/kg minimal bis ca. 4,40 €/kg notwendig sind je nach Kulturverfahren.

 

 

Möglichkeiten der Bodenentseuchung

 

Im Erdbeeranbau gibt es durch verschiedene bodenbürtige Schaderreger immer wieder Ertragsverluste und Pflanzenausfälle. Eine direkte Bekämpfung im Boden ist schwierig, zusätzlich ist die Bodenmüdigkeit ein Problem.

Arno Fried vom Landratsamt Karlsruhe stellte in seinem Vortrag verschiedene Möglichkeiten vor, den Boden zu entseuchen, wenn ein Ausweichen auf den teureren Anbau in Substratkulturen nicht möglich ist.

Gegen Wurzelnematoden bei Erdbeeren können Pflanzungen mit Studentenblumenarten bei ca. dreimonatiger Kulturdauer hohe Wirksamkeit haben.

Gegen Engerlinge des Maikäfers ist eine mehrjährige Anwendung des Bodenpilzes Beaveria brongniartii erfolgsversprechend.

Eine vorbeugende Bekämpfung der Rhizomfäule und der Roten Wurzelfäule ist mit dem Fungizid Aliette WG möglich.

Eine Pflanzenvitalisierung mit Phosphonate-haltigen Blattdüngern hat sich ebenfalls bewährt. Allerdings werden die anderen pathogenen Bodenpilze durch diese Behandlung nicht ausreichend erfasst.

Durch die Wiederzulassung von Basamid Granulat ist theoretisch auch eine chemische Bodenentseuchung möglich, allerdings nur unter extrem vielen Auflagen und keinesfalls bei der integrierten Produktion.

Bodendämpfungsversuche zeigen unterdessen eine gute Wirkung gegen bodenbürtige Schaderreger und Bodenmüdigkeit. Ein zweijähriger Anbau mit hohen Erntemengen war nach der Dämpfung möglich. Zudem ist bei der Flächendämpfung eine Unkrautunterdrückung möglich, und Herbizide können eingespart werden. Bei einer Folienflächendämpfung sind aber der hohe Arbeitsaufwand und der hohe Energieverbrauch entscheidende Begrenzungsfaktoren für einen großflächigen Einsatz.

Eine Teilflächenbodendämpfung war in Versuchen auch in breiten, doppelreihigen Dämmen möglich. Eine Haubenkonstruktion mit Injektionsstahldornen brachte eine hohe Energieeinsparung. Auch das Injizieren des Dampfes durch die Folie eines fertiggestellten Dammes ist realisierbar, ohne dabei die Folie zu beschädigen.

Eine Solarisation mit Thermofolien ist ebenfalls denkbar. Allerdings wurde bei Versuchen mit Thermo-Noppenfolien die erforderliche Temperatur im Boden von mind. 80 °C nicht erreicht.

 

 

Vergleich digitaler Ackerschlagdateien

 

Verschiedene digitale Schlagkarteien verglich Lisa Moriß in ihrem Beitrag. Bild: Kerstin Panhorst

Die Einsatzmöglichkeiten einer digitalen Schlagkartei umfassen die Dokumentation betriebsspezifischer Daten, die Unterstützung bei gesetzlich festgelegten Aufzeichnungen (Pflanzenschutzaufzeichnungen/Düngebedarfsermittlung/Nährstoffvergleich), die Unterstützung bei CrossCompliance relevanten Vorgaben, die Dokumentation qualitätssichernder Vorgaben und die Kostenerfassung im Betrieb.

Für ihre Bachelorarbeit hat Lisa Moriß an der Hochschule Osnabrück digitale Ackerschlagdateien verglichen. Ihre Ergebnisse stellte sie im Seminar vor. Berücksichtigt wurden für den Vergleich allerdings nur Ackerschlagdateien, die speziell auf Erwerbsobstbaubetriebe ausgerichtet sind oder mit dieser Spezialisierung werben.

Dafür hat sie die Programme „ASK 8.0“ des Software-Entwicklers Bernhard Rißler, „P.A.u.L“ der Firma agroprojekt, „ProFlura“ der ASSW GmbH & Co. KG und die Excel-Schlagkartei „Wollsparkuh“ von Ralf Große-Dankbar (LWK NRW) untersucht.

Aufbau, Funktionsumfang, Programmmerkmale, Preis, Menüführung, Maßnahmenübersicht, Supportmöglichkeiten, Auswertung, Handhabung und mehr hat die Studentin des Fachs Produktionsgartenbau dabei verglichen.

 

ASK 8.0

Preis: 199 Euro Dauerlizenz oder Jahreslizenz ab 79 Euro im ersten Jahr, weitere Jahre ab 20 Euro. App zzgl. 12,60Euro pro Jahr

 

Vorteile:

  • Einführungsmodul „Erste Schritte“
  • Halbautomatisierte Dateneingabe
  • Umfangreiche Programmodule im Bereich Düngung
  • Vielzählige Supportmöglichkeiten

Nachteile:

  • Relativ hohe Einarbeitungszeit
  • Keine Programmeinführungen/Schulungen angeboten
  • Teilweise Nachbearbeitung der Stammdatenbank erforderlich
  • Keine direkte Anbindung an Online-Datenbank
  • Abdeckung mit Folie/Vlies wird nicht in Berechnung einbezogen

 

 

P.A.u.L

Preis: 500 Euro inkl. App, jährliche Kündigung möglich

 

Vorteile:

  • Terminplaner integriert
  • Übersichtliche Menüführung
  • Halbautomatisierte Dateneingabe
  • Vielzählige Supportmöglichkeiten
  • Direkte Anbindung an die PSM-Datenbank des BVL

Nachteile:

  • Relativ hohe Einarbeitungszeit
  • Keine Stammdatenbank für Düngemittel
  • Kein Modul zur Düngebedarfsermittlung/Nährstoffvergleich

 

 

ProFlura

Preis: Basisprogramm ab 249 Euro, Folgejahre ab 69 Euro. Zusatzmodul Obst, Gemüse, Sonderkulturen zzgl. 50 Euro. Webapplikation zusätzlich 39 Euro.

 

Vorteile:

  • Übersichtliche Menüführung
  • Farbige Selektierung für verschiedene Bereiche
  • Darstellung der Maßnahmenbuchungen
  • Halbautomatisierte Dateneingabe
  • Vielzählige Supportmöglichkeiten
  • Außergewöhnlich detaillierte Teilflächenangaben möglich
  • Direkte Anbindung an die PSM-Datenbank des BVL

Nachteile:

  • Relativ hohe Einarbeitungszeit
  • Modul für Nährstoffvergleich derzeit nicht verfügbar

 

 

Wollsparkuh

Preis: Dauerlizenz 279 Euro

 

Vorteile:

  • Kurze Einarbeitungszeit
  • Intuitiv bedienbar

Nachteile:

  • Geringer Automatisierungsgrad hinsichtlich der Dateneingabe
  • Begrenzte Datenausgabe
  • Begrenzter Leistungsumfang
  • Rundet bei der Datenausgabe auf – kann bei Höchstwerten der Düngevorgaben problematisch werden

 

Alle vier Schlagkarteien können grundsätzlich in Erwerbsobstbaubetrieben eingesetzt werden. Bei der Wahl eines Programms sollten die für den Betrieb erforderlichen Ziele und die persönliche EDV-Affinität berücksichtigt werden. Da alle vier Programme in kostenlosen Demoversionen erhältlich sind, rät Lisa Moriß zum Selbsttest, um einen Überblick über die einzelnen Module und Funktionen sowie deren Bedienbarkeit zu erhalten.

 

 

Bestandsaufnahme Verpackungsgesetz

 

Leonie Hagenkamp von der Landwirtschaftskammer NRW klärte in ihrem Referat über den Status Quo beim Verpackungsgesetz und über weit verbreitete Irrtümer über die Regelung auf. Die Landservice-Beraterin stellte dabei 5 falsche Aussagen in den Mittelpunkt.

 

  1. Einmal angemeldet- alle Pflichten erfüllt

Stimmt nicht: Eine doppelte Datenmeldung beim Lizenzgeber und bei LUCID ist nötig, in Form der Jahresabschlussmengenmeldung und der Planmenge für das folgende Jahr.

 

  1. Auftraggeber sind immer in der Pflicht

Stimmt nicht: Gibt ein Dritter die Befüllung einer Verpackung mit Ware in Auftrag und ist nur er auf der Verpackung namentlich bzw. mit seiner Marke erkennbar, so bleibt er registrierungs- und lizensierungspflichtiger Hersteller.

 

  1. Die Lizenzierung erfolgt durch den Verpackungslieferanten

Stimmt nicht: Alle Hersteller (Befüller und Inverkehrbringer) systembeteiligungspflichtiger Verpackungen sind zur Lizensierung und Registrierung verpflichtet. Diese Pflicht kann, außer bei Serviceverpackungen, nicht übertragen werden.

 

  1. Gebrauchte Verpackungen sind lizenzfrei

Stimmt nur bedingt: Die Nutzung einer gebrauchten Verpackung ist nicht automatisch registrierungs- und lizenzierungsfrei. Nur wenn der Inverkehrbringer einen konkreten Nachweis über die Systembeteiligung dieser Verpackung hat, entfällt eine Pflicht zur Registrierung und Systembeteiligung.

 

  1. Papier ist immer besser

Stimmt nicht: Die Ressourcen- und Energieverbräuche von Papierverpackungen sind schlechter als die von z.B. Plastiktüten aus Ethylen. Für die Reißfestigkeit von Papier wird mehr Material und Energie verbraucht, und die Herstellung von Papierfasern erfordert viel Wasser und Energie sowie den Einsatz vieler Chemikalien wie Natronlauge, Sulfit und Sulfat.

 

 

Tipps zur Mitarbeiterführung

 

Wichtige Tipps zur Mitarbeiterführung aus seiner Praxis stellte Unternehmer Jens Schachtschneider vor. Bild: Kerstin Panhorst

 

Unter dem Motto „Die Arbeit endet, die Mitarbeiterführung nie!“ referierte Jens Schachtschneider über seine persönlichen Erfahrungen mit dem richtigen Umgang mit Arbeitern und Angestellten.

Der Unternehmer aus Dötlingen beschäftigt in seinem Gartenbaubetrieb 50 ganzjährige Mitarbeiter sowie 20 Saisonarbeitskräfte.

 

 

 

 

 

Mitarbeiter, so Schachtschneider, reagieren überaus sensibel bei

  • empfundener Ungerechtigkeit
  • mangelnder persönlicher Kompetenz der Führungskräfte
  • nicht nachvollziehbaren Entscheidungen
  • Störungen im betrieblichen Miteinander

 

Wichtig sei es deshalb, Verfehlungen anzusprechen und sachliche, ruhige und besonnene Kritikgespräche zu führen. Denn Kommunikation sei ein zentrales Thema. Betriebsversammlungen, Teambesprechungen und auch schriftliche Info-Mappen zu zentralen Themen seien ein gutes Mittel. Als Faustregel empfiehlt der Unternehmer, täglich eine Stunde in die Personalführung zu investieren.

Generell rät er dazu, Talente zu entdecken und zu fördern und den Mitarbeitern auch Regenerationsphasen zu gewähren.

 

Ebenfalls empfehlenswert seien Aktivitäten zur Mitarbeiterbindung wie

  • jährliche, persönliche Gespräche mit jedem Mitarbeiter
  • Weiterbildungsangebote
  • Aktivitäten des persönlich-privaten Miteinanders
  • eine moderne Ausstattung von Sozialräumen und Betrieb
  • betrieblich organisierte und finanzierte Studienfahrten
  • Kleinigkeiten wie die Bereitstellung von Kaffee oder kleinen Snacks, wenn einmal Überstunden anstehen

 

„Motivation ist für mich wichtiger als Qualifikation“, sagt Jens Schachtschneider, der in 32 Jahren Selbständigkeit noch nie einen Mitarbeiter wegen fachlicher Inkompetenz gekündigt hat, aber sehr wohl wegen dessen Persönlichkeit. „Folglich ist die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung wichtiger als die Vermittlung von Fachkompetenz“, meint der Unternehmer.

Auch sollte sich ein Chef niemals selbst als unfehlbar wahrnehmen. „Nobody ist perfect – und schon gar nicht der Chef“, sagt Schachtschneider.

Führungskräfte sollten keine Erwartungen definieren, die sie selbst nicht erfüllen, Mitarbeiter nicht ungerecht behandeln oder schlecht über sie reden und stets glaubwürdig und authentisch bleiben: „Ein glücklicher, zufriedener Chef bis du erst, wenn deine Mitarbeiter es auch sind!“

 

 

Zur Info

 

Auch im nächsten Jahr werden die Beerenobst-Tage wieder durchgeführt.

Für das Seminar vom 18. bis 20. Januar 2021 kann man sich bereits jetzt anmelden bei der LVHS Freckenhorst.

 

 

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